Du isst gerne Thunfisch? Du bist damit nicht allein! In Deutschland rangiert Thunfisch nach Alaska-Seelachs und Seelachs auf Platz 3 der Beliebtheitsskala, Stand 2022. Im Schnitt verspeiste jeder Deutsch im selben Jahr 1,7 kg Thunfisch. Eigentlich esse auch ich gerne Thunfisch, lasse es derzeit aber aus verschiedenen Gründen sein.
Ich wollte es genauer wissen, ob ich vielleicht doch mit gutem Gewissen Thunfisch essen kann, und bin dem Thema auf den Grund gegangen. Ist der Genuss von Thunfisch vielleicht doch vertretbar? Erfahre hier, welche Zahlen, Fakten und Tatsachen ich über Thunfisch herausgefunden habe und welchen Schluss ich daraus ziehe.
Konserve, frisch oder TK: Wie und wo kaufen wir Thunfisch?
Es ist keine Überraschung, Thunfisch wird in Deutschland gerne in Sushi-Bars und in Restaurants gegessen, aber wir kaufen ihn auch in Fischfachgeschäften. Zusammengenommen ergeben diese drei “Thunfisch-Quellen” hierzulande 20 % des Konsums.
Die restlichen 80 % Thunfisch holen wir uns aus dem Supermarkt und greifen dort zu 70 % zu Thunfisch in Dosen. Tiefgekühlte Thunfischsteaks und frischer Thunfisch landen demnach viel seltener auf unseren Tellern.
Welcher Thunfisch steckt in der Dose?
Wir Deutschen lieben Thunfisch aus Dosen und vermutlich nehmen die meisten an: Wo Thunfisch draufsteht, ist auch Thunfisch drin. Kann das sein? Tatsächlich ist das nicht ganz richtig, denn es handelt sich bei Thunfisch-Konserven fast immer um Echten Bonito (Katsuwonus pelamis). Der Echte Bonito gehört “nur” zur Familie der Makrelen und Thunfische.
Infobox: Beliebte Thunfischarten weltweit
Weltweit gibt es 15 Thunfischarten, allerdings werden davon üblicherweise nur sieben Arten für den Verzehr gefangen, eine noch geringere Anzahl von Arten wird in Deutschland verzehrt. Hier die vier wichtigsten Thunfischarten:
Der Blauflossenthunfisch, auch Roter Thun genannt, ist für Fischer ein guter Fang, denn ausgewachsene Tiere wiegen im Schnitt 300 kg, können aber auch gerne bis zu 600-700 kg erreichen. Erst im Alter von 4-5 Jahren erreicht der Blauflossenthunfisch die Geschlechtsreife. Wird er zuvor gefangen, raubt man ihm die Chance, sich zu vermehren. In Deutschland ist der Blauflossenthunfisch üblicherweise nicht erhältlich.
Der Gelbflossenthun wird bis zu 200 kg schwer und schwimmt gerne in der Nähe ähnlich großer Fische, sucht aber beispielsweise auch die Nähe von Schweinswalen oder Delfinen. Er ist mit 1,5 bis 3 Jahren deutlich früher geschlechtsreif als der Blauflossenthunfisch. TK-Steaks bestehen in Deutschland u. a. aus Gelbflossenthun, er wird aber auch zu Sushi verarbeitet.
Der Weiße Thun ist mit 60 kg verhältnismäßig klein und leicht, da er aber in allen gemäßigten und tropischen Meeresgebieten vorkommt sowie im Mittelmeer, ist er ein begehrter Thunfisch. In Deutschland findest du ihn am ehesten im Glas.
Der Echte Bonito, auch Skipjack genannt, ist wie erwähnt die Fischart, die in Deutschland üblicherweise als Dosen-Thunfisch verkauft wird. Mit bis zu 35 kg ist er ein relatives Leichtgewicht im Vergleich zu seinen Thunfisch-Verwandten. Neben der Vermarktung als Konserven-Thunfisch wird er auch als frischer Thunfisch wie auch als Tiefkühlware vertrieben.
Kann ich Thunfisch mit gutem Gewissen essen – welche Aspekte sind zu berücksichtigen?
Wie bei vielen anderen Themen müssen bei der Frage nach der Vertretbarkeit des Thunfisch-Konsums viele Seiten beleuchtet werden. Letztlich kommt es aber auch auf die eigene, grundsätzliche Einstellung an. Für einen Veganer oder Vegetarier steht es außer Frage, Thunfisch zu essen. Für andere Menschen sind andere Aspekte entscheidend und führen zu einer persönlichen Beurteilung.
Ich habe mich für folgende Aspekte in puncto Thunfisch entschieden:
- Fangmethoden und Auswirkungen aufs Ökosystem
- Bestandssituation der verschiedenen Thunfisch-Arten
- Transportstrecke
- Konservierungsart
Schauen wir uns meine Rechercheergebnisse genauer an.
Welche Thunfisch-Fangmethoden gibt es und welche Folgen haben sie auf das Ökosystem Meer?
Meine Recherche ergab, dass Thunfisch entweder mit Ringwaden, Langleinen oder mit Angelruten gefangen wird. Alle drei Fangmethoden haben unterschiedliche Auswirkungen in unterschiedlichem Ausmaß.
Thunfischfang mit Ringwaden
Ringwadennetze sind bis zu unglaubliche 2000 m lang. Diese Netze werden ringförmig um Thunfischschwärme gelegt. Anschließend ziehen Fischer eine an der Unterleine befindliche Schnürleine zu, sodass der Fischschwarm völlig eingeschlossen wird. 66 % aller Thunfischfänge sind auf diese Methode zurückzuführen. Üblicherweise werden so der Gelbflossenthun und der Echten Bonito gefischt, also auch unser in Deutschland geliebter Thunfisch.
Weil Delfine gerne mit Thunfischen schwimmen, geraten die Meeressäuger häufiger in Ringwadennetze, aber auch anderer Beifang ist zu verzeichnen, wie etwa Meeresschildkröten, kleine Walarten, Delfine oder Haie. Viele dieser Tiere werden verletzt, verenden in den Netzen oder sterben in Folge des Ereignisses.
Ringwaden beeinträchtigen zumindest kaum den Meeresboden, haben aber andere negative Auswirkungen auf das marine Ökosystem. Dazu gehören das Risiko der Überfischung, der erwähnte, unbeabsichtigte Beifang und – dadurch ausgelöst – Störungen im ökologischen Gleichgewicht im Ozean. Auch die Reproduktion von Fischarten, die von Thunfisch inbegriffen, kann beeinträchtigt werden. Hinzu kommt die Umweltbelastung durch verlorene oder zurückgelassene Netze, die als „Geisternetze“ weiterhin Meerestiere gefährden.
Thunfischfang mit Langleinen
10 % aller Thunfischfänge werden mit Langleinen erreicht. Bei der Langleine handelt es sich um ein System, bei dem eine Hauptleine aus Kunststoff ins Meer ausgelegt wird. An dieser Hauptleine hängen zahlreiche Nebenleinen, an denen wiederum Köderhaken befestigt sind. Die Ausmaße dieser Langleinen sind beeindruckend: Sie können eine Länge von bis zu 130 Kilometern erreichen und mit über 20.000 Köderhaken bestückt sein, wobei sowohl die Anzahl der Köder als auch die Länge der Leine variieren. Als Köder für die Langleinen dienen häufig Makrelen oder Tintenfische.
Die Langleinenfischerei birgt ein hohes Beifangrisiko. Andere Fischarten, aber auch Haie, Wasserschildkröten und sogar Seevögel werden ungewollte, aber in Kauf genommene Opfer, die verletzt oder getötet werden.
Langleinen beeinflussen also das marine Ökosystem durch einen signifikanten Beifang. Diese Fangmethode kann aber zur Überfischung beitragen und das ökologische Gleichgewicht stören, indem sie große Mengen von Raubfischen entfernt, aber auch, weil enorm viele Fische als Köder verwendet werden müssen. Zudem kann verlorene oder bewusst zurückgelassene Ausrüstung zum “ghost fishing” (“Geisterfischerei”) führen, wobei Meerestiere auch lange nach dem Verlust der Leinen weiter gefangen werden. Besonders bedenklich ist der unbeabsichtigte Fang bereits gefährdeter Arten, was ihren Schutz zusätzlich erschwert.
Thunfischfang mit Angelruten
Mit Angelruten („pole and line“) wird speziell in küstennahen Regionen Thunfisch gefangen, wobei Echter Bonito und Gelbflossenthun die Hauptziele sind. Diese Fangmethode eignet sich nur für geringe Wassertiefen, nicht für die ertragreichere Hochseefischerei. Daher macht dieser Anteil der Thunfischfänge nur 8 % aus. Der Fangprozess ist arbeitsaufwändig, verbraucht viel Treibstoff, was die Klimaerwärmung antreibt, und erfordert viele Köderfische. Das Risiko, unbeabsichtigten Beifang zu haben, ist jedoch gering.
Infobox: Geisternetze und Geisterfischerei
Geisternetze sind Fischernetze, die entweder verloren gegangen oder einfach im Ozean zurückgelassen wurden. Das Fiese daran ist, dass sich die Netze überall verfangen können, sei es mitten im Ozean oder in felsigen Riffen. Dadurch erwischen sie ziemlich alles, was im Wasser lebt, beispielsweise Fische, Delfine, Schweinswale, Schildkröten, Haie, Seevögel oder Krabben. Wenn diese Tiere einmal im Geisternetz gefangen sind, können sie sich selten befreien und meist kaum noch bewegen. Das führt zu üblen Folgen, wie Verhungern, Verletzungen und Verstümmelungen, Infektionen und zum Ersticken bei Tieren, die ab und zu zum Atmen an die Oberfläche müssen. Das betrifft auch Ringwaden. Bei Langleinen spricht man dagegen eher von Geisterfischerei.
Ein weiteres Problem beim Thunfisch-Fang: FAD
FAD steht für „Fish Aggregating Device“, man könnte auf Deutsch Fischsammlungsgerät oder Fischsammler sagen. Sie werden sowohl beim Fang mit Ringwaden als auch beim Fang mit der Angelrute eingesetzt. FADs bestehen aus Seilen, Netzen, Bambus, Schwimmkörpern und anderen Materialien, die entweder floßartig auf der Wasseroberfläche schwimmen oder unter Wasser verankert sind. Sie ziehen Fische an, was die Fischerei erleichtert
FADs werden auch im Thunfischfang oft verwendet. Verschiedene Punkte sprechen gegen FADs:
- FADs verursachen unbeabsichtigten Beifang in hohem Ausmaß. Neben Thunfisch sammeln sich auch andere Meerestiere wie Haie, Meeresschildkröten oder Jungfische an den FADs, die dann mitgefangen werden.
- FADs führen zu einem erhöhten Fischfang. Unreguliert ist Überfischung die Folge.
- Von FADs hängen oft Netze und Seile herab, in denen sich Meerestiere verfangen.
- Nicht immer werden FADs nach ihrem Einsatz wieder eingesammelt. Verlorene oder bewusst zurückgelassene FADs belasten das Meer als Müll und können, ähnlich wie Geisternetze, weiterhin Meerestiere gefährden.
Fazit: Es scheint, dass die Angelrute ( “pole and line” = “Rute und Leine”) die beste und schonendste Fangmethode von Thunfisch ist. Auch wenn sich immer mehr Menschen Thunfisch wünschen, der auf diese Weise aus dem Meer gezogen wird, können Fischereien dem nicht nachkommen. Nicht alle Thunfischarten können mit Angelruten gefangen werden und es gibt die Einschränkung auf flache Gebiete in Küstenregionen. Der Thunfischfang erfordert per Angelrute außerdem einen höheren Bedarf an Treibstoff und verursacht damit einhergehend mehr Emissionen als Fangmethoden auf der Hochsee. Bedenklich ist zudem Thunfisch, der mit Hilfe von FADs gefangen wurde. Zur Erinnerung: FAD werden sowohl bei der Ringwadenfischerei als auch bei der Angelruten-Fischerei eingesetzt.
Infobox: Was passiert eigentlich mit Beifang?
Der meiste Beifang hat kein kommerzielles Potenzial und steht vor einem ungewissen Schicksal. Vielfach wird er einfach über Bord geworfen, oft in einem Zustand, der ihr Überleben unwahrscheinlich macht. Einige Beifänge können zwar auf sekundären Märkten verkauft oder als Fischmehl verwendet werden, aber das ist eher die Ausnahme als die Regel. Es gibt zwar Vorschriften in bestimmten Regionen, die das Wegwerfen einschränken, wie gut diese Vorschriften eingehalten werden, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Zwischenfrage: Werden die Thunfisch-Fangmethoden hin zu mehr Nachhaltigkeit verbessert?
Angetrieben von Umweltbedenken und der wachsenden Nachfrage nach nachhaltigem Thunfisch versucht die Industrie tatsächlich, ihre Methoden zu verbessern. Einige der jüngsten Entwicklungen sind:
- Neue Netze und Geräte in der Entwicklung, um den Beifang zu minimieren.
- Organisationen wie der Marine Stewardship Council (MSC), die Zertifizierungen anbieten, die bestimmte nachhaltige Praktiken in der Fischerei garantieren sollen.
- Eine Neugestaltung der Fish Aggregating Devices, damit sie weniger schädlich für die Umwelt sind.
- Internationale Fangquoten, die den Fischbestand schützen und eine Überfischung verhindern sollen.
- Fortbildungen für Fischer, die nachhaltigere Fangmethoden fördern sollen.
- Neue Tools wie Unterwasserdrohnen, die helfen könnten, die Fischerei gezielter und umweltfreundlicher zu gestalten.
Während diese Entwicklungen vielversprechend klingen, stellt sich die Frage nach ihrer tatsächlichen Wirksamkeit. Vieles in der Fischereibranche bleibt intransparent. Wie effektiv sind zum Beispiel die „zielsicheren“ Fangmethoden wirklich? Kann man Zertifizierungen immer trauen, oder sind sie nur ein Marketing-Gimmick? Es wäre naiv, alle diese Neuerungen kritiklos zu akzeptieren.
Thunfisch – Wie ist die Bestandssituation der verschiedenen Arten?
Thunfisch ist nicht nur einer der beliebtesten Speisefische, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil vieler Meeresökosysteme. Doch in den vergangenen Jahrzehnten haben übermäßiger Fischfang und Umweltauswirkungen ihre Spuren hinterlassen. Der WWF gibt an, dass 60 Prozent aller Thunfischbestände überfischt seien. Doch mit dieser Zahl kann man sich nicht einfach zufriedengeben, denn es ist weitaus komplizierter. Darum hier ein Blick auf die aktuelle Bestandssituation der Thunfischarten, die in Deutschland überwiegend gegessen werden:
Echter Bonito
- 60% der weltweiten Fänge des Echten Bonitos kommen aus dem westlichen und mittleren Pazifik, wo der Bestand gesund und nicht überfischt ist.
- 20% der globalen Fänge stammen aus dem Indischen Ozean; Bestand ist gut, aber empfohlene Fangmengen werden überschritten, Risiko der langfristigen Überfischung.
- Im Ostpazifik sind die Daten unsicher, aber die Fische werden im Durchschnitt kleiner, was auf Überfischung hindeutet.
- Im Atlantik gibt es zwei Bestände, aber unzureichende Daten, um ihren Zustand zu bewerten.
Quelle: https://fischratgeber.wwf.at/species/katsuwonus-pelamis/
Gelbflossenthun
- Fast 2/3 der weltweiten Fänge von Gelbflossenthun kommen aus dem Pazifischen Ozean, 1/3 aus dem Indischen Ozean und weniger als 1/10 aus dem Atlantik.
- Bestand im westlichen und mittleren Pazifik ist nicht überfischt, aber Fänge dürfen nicht erhöht werden, um Überfischung zu vermeiden.
- Bestände im Ostpazifik und im Indischen Ozean sind überfischt und werden weiterhin zu intensiv befischt.
- Im Atlantik ist der Zustand des Bestands im grünen Bereich.
Quelle: https://fischratgeber.wwf.at/species/thunnus-albacares/
Weißer Thun
- 58% der weltweiten Fänge von Weißem Thun kommen aus dem Pazifik, 22% aus dem Atlantik, 19% aus dem Indischen Ozean und 1% aus dem Mittelmeer.
- Im Atlantik und Pazifik gibt es jeweils nördliche und südliche Bestände von Weißem Thun, alle sind gesund und nicht überfischt.
- Im Indischen Ozean ist der Bestand in gutem Zustand, wird aber zu stark befischt.
- Für den Mittelmeer-Bestand gibt es nur sehr wenige Daten; er ist möglicherweise überfischt.
Quelle: https://fischratgeber.wwf.at/species/thunnus-alalunga/
Fazit: Auf der Datenlage zur Bestandssituation für Echter Bonito, Gelbflossenthun und Weißer Thun von 2023 basierend, könnte man folgende Empfehlungen aussprechen:
Fischart | Herkunft | Bestandssituation | Empfehlung |
Echter Bonito | Westlicher und mittlerer Pazifik | Gesund, nicht überfischt | Essen |
Indischer Ozean | Gut, aber empfohlene Fangmengen werden überschritten | Mit Vorsicht essen | |
Ostpazifik | Daten unsicher, Fische im Durchschnitt kleiner | Vermeiden | |
Atlantik | Unzureichende Daten | Vermeiden | |
Gelbflossenthun | Westlicher und mittlerer Pazifik | Nicht überfischt, aber Fänge dürfen nicht erhöht werden | Essen |
Ostpazifik und Indischer Ozean | Überfischt und weiterhin zu intensiv befischt | Vermeiden | |
Atlantik | Zustand im grünen Bereich | Essen | |
Weißer Thun | Atlantik und Pazifik (Nord- und Südbestände) | Gesund und nicht überfischt | Essen |
Indischer Ozean | Guter Zustand, aber zu stark befischt | Mit Vorsicht essen | |
Mittelmeer | Sehr wenige Daten, möglicherweise überfischt | Vermeiden |
Wichtig: Diese Tabelle gibt nur Empfehlungen auf Grundlage der Bestandssituation 2023 ab! Bitte informiere dich immer über die aktuellsten Informationen zur Bestandssituation, beispielsweise bei der Weltnaturschutzunion IUCN, da sich diese ändern können.
Wie umweltbelastend sind Thunfisch-Transporte?
Der Transport von Thunfisch nach Deutschland ist nicht nur logistisch oft eine Herausforderung, sondern auch eine erhebliche Belastung für die Umwelt. Wer Thunfisch nachhaltig konsumieren möchte, sollte sich über die Herkunft und den Transportweg des Fisches im Klaren sein.
Der Transport dieser Fische aus entfernten Meeresregionen nach Deutschland ist komplex. Er erfordert spezialisierte Kühlschiffe vom Fangort bis zur Küste des Herkunftslandes, was bereits erhebliche CO2-Emissionen verursacht. An Land wird der Fisch durch Tiefkühlung oder durch Konservierung in Konservendosen oder in Gläsern konserviert. Anschließend muss der Thunfisch den Weg zu uns in Deutschland antreten. Dies geschieht per Containerschiff, selten per Flugzeug. Auch diese Transporte kommen nicht ohne CO2-Emissionen und andere Umweltbelastungen aus.
Und: Je weiter die Strecke, desto umweltbelastender ist der Transport. Darum schneidet vor der Küste Portugals gefangener Thunfisch in puncto Transportstrecke und Nachhaltigkeit natürlich weit positiver ab als der, der im Pazifik oder im Indischen Ozean gefangen wurde.
Fazit: Es lohnt sich, die zurückgelegten Kilometer vom Fangort bis in die eigene Küche zu berücksichtigen.
Konservierung von Thunfisch in Dosen, Glas und als TK – Was ist am umweltfreundlichsten?
Bei der Konservierung von Thunfisch (Dose, Glas, Tiefkühlware) spielen mehrere Faktoren eine Rolle, wenn es um die Umweltfreundlichkeit geht:
Thunfisch-Konserve (Metall) | Thunfisch im Glas | TK-Thunfisch (Tiefkühlware) | |
Herstellung | Benötigt Energie und Rohstoffe; Recycling von Metall ist energieeffizienter als Neuproduktion | Erfordert hohe Temperaturen und hohen Energieverbrauch | Tiefkühlverpackung, oft aus Kunststoff, benötigt Energie und Rohstoffe |
Transport | lässt sich gut stapeln, muss nicht gekühlt werden | Glas ist schwer und zerbrechlich, was den Transport erschwert und mehr Energie verbraucht | Muss kontinuierlich gekühlt werden, erhöht den Energieverbrauch und die Emissionen |
Recycling/Lagerung | Metall kann wiederholt recycelt werden, reduziert Energieverbrauch und CO2-Emissionen | Glas kann recycelt werden, aber nicht so energieeffizient wie Metall | Tiefkühlung erfordert konstante Energie |
Haltbarkeit | Lange Haltbarkeit, reduziert Lebensmittelverschwendung; Metall zerbricht nicht | Ähnlich haltbar wie in Konserven, minimiert Lebensmittelverschwendung; Glas kann brechen | Unterbrochene Kühlkette kann Thunfisch verderben lassen |
Fazit: Alle drei Konservierungsarten haben ihre Vor- und Nachteile. Konservendosen und Glas sind in Bezug auf die Haltbarkeit und das Recyclingpotenzial vorteilhaft, während Tiefkühlware in Bezug auf den kontinuierlichen Energiebedarf problematisch ist. Aufgrund des unempfindlichen Materials und platzsparenden Transports sind Thunfisch-Konserven vermutlich am nachhaltigsten.
Was sagen eigentlich Organisationen zum Thunfisch-Konsum?
Verschiedene Organisationen haben in den letzten Jahren ihre Einschätzungen und Empfehlungen zum Thunfisch-Konsum abgegeben, basierend auf aktuellen Untersuchungen und Daten. Hier die Standpunkte von drei prominenten Organisationen, die für mehr oder weniger radikale Positionen bekannt sind:
Einschätzung von PETA zum Konsum von Thunfisch (Stand Dezember 2021)
PETA kritisiert den Thunfisch-Konsum aus mehreren Gründen stark. Die Organisation weist auf die grausamen Fangmethoden hin, bei denen Thunfische in Panik geraten und sich gegenseitig verletzen oder qualvoll sterben, indem sie auf Eis geworfen oder mit Messern und Bolzenschüssen getötet werden. Außerdem kritisiert PETA die Bedingungen in der Aquakultur, wo die Fische unter beengten Verhältnissen leiden und mit Fischmehl und Fischöl gefüttert werden, was zur Überfischung beiträgt. Zuletzt betont PETA, dass auch Delfine durch die Thunfischfischerei sterben, da ganze Schwärme in flache Gewässer getrieben und dann getötet werden. Aus diesen Gründen rät PETA entschieden vom Thunfisch-Konsum ab.
Quelle: https://www.peta.de/themen/thunfische-essen/
Einschätzung des WWF zum Konsum von Thunfisch (Stand September 2021)
Der WWF äußert tiefe Besorgnis über den Zustand der Thunfischbestände weltweit und die Fangmethoden, die auch viele andere Meerestiere als Beifang töten. Die Organisation weist darauf hin, dass die Bestände in den vergangenen Jahren um bis zu 90% zurückgegangen sind und fordert für das Mittelmeer ein Moratorium, das die Entwicklung weiterer Wildthunfischfarmen untersagt, bis nationale und internationale Lösungen in Sicht sind. Diese Lösungen sollten ein Fangverbot während der Laichsaison, Überwachungsprogramme für Fischerei und Thunfischmast, verpflichtende Beobachter an Bord aller Thunfischfänger und in den Mastbetrieben sowie eine bessere Regulierung der Fischerei nach kleinen und mittleren Schwarmfischen umfassen. Der WWF betont die Notwendigkeit, der Überfischung wilder Thunfischbestände dringend Einhalt zu gebieten.
Quelle: https://www.wwf.de/themen-projekte/artenlexikon/thunfische
Einschätzung von Greenpeace zum Konsum von Thunfisch (keine Angabe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung)
Greenpeace zeigt sich besorgt über die Überfischung vieler Thunfischbestände, die als vom Aussterben bedroht oder massiv überfischt gelten. Die Organisation kritisiert die Fangmethoden, die hohe Beifangraten verursachen, sowie die unfairen Fischereiabkommen zwischen Fangnationen und armen Küstenländern. Greenpeace fordert den Einzelhandel auf, Thunfisch nur aus ökologisch nachhaltigen und sozial gerechten Fischereien zu beziehen, wie zum Beispiel der Pole-and-line Fischerei (Angelruten), die Beifänge minimiert. Darüber hinaus sollte der Lebensmittelhandel sicherstellen, dass Schutzgebiete respektiert werden und die gesamte Produktkette bis zum Fangschiff rückverfolgbar ist.
Quelle: https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/meere/fischerei/engagement-koenig-meere-thunfisch-gefahr
Welche Siegel und Zertifizierungen gibt es bei Thunfisch?
In Deutschland und weltweit gibt es verschiedene Umweltsiegel und Zertifizierungen, die beim Kauf von Thunfisch, aber auch anderen Fischarten und Fischprodukten eine Orientierung hinsichtlich Nachhaltigkeit und verantwortungsvoller Fischerei bieten sollen. Hier sind einige der relevantesten Siegel:
MSC (Marine Stewardship Council)
Dies ist eines der bekanntesten Umweltsiegel für Fischereiprodukte weltweit. Es steht für nachhaltige Fischerei und verantwortungsvollen Umgang mit den Meeresressourcen. Produkte mit dem MSC-Siegel stammen aus Fischereien, die den Umweltauswirkungen ihrer Tätigkeiten besondere Aufmerksamkeit schenken und die Bestände nicht überfischen.
ASC (Aquaculture Stewardship Council)
Während der MSC sich auf Wildfisch konzentriert, bezieht sich das ASC-Siegel auf Fisch aus Aquakultur. Es stellt sicher, dass die Aquakulturprodukte unter sozial und ökologisch verantwortlichen Bedingungen produziert wurden.
Friend of the Sea
Dieses internationale Zertifizierungsprogramm für nachhaltigen Fischfang und nachhaltige Aquakultur hat Kriterien, die den Schutz des Ökosystems und der Biodiversität gewährleisten sollen. Es berücksichtigt auch soziale Aspekte und die Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette.
Dolphin Safe/Dolphin Friendly
Insbesondere für Thunfisch relevant, garantiert dieses Siegel, dass beim Fang keine Delfine verletzt oder getötet wurden. Es ist besonders in den USA verbreitet, wird aber auch in Deutschland anerkannt.
Bio-Siegel
Während es primär für Landwirtschaftsprodukte entwickelt wurde, gibt es auch Bio-Zertifizierungen für Aquakulturen. In Europa steht das EU-Bio-Siegel für Fisch aus Aquakultur, der unter bestimmten ökologischen Standards produziert wurde.
Fazit: Halte nach diesen Siegeln Ausschau, denn sie signalisieren eine nachhaltigere und verantwortungsvollere Wahl. Aber verlasse dich nicht ausschließlich auf die Siegel! Eine eigene Recherche zu den genauen Kriterien und Hintergründen der Zertifizierungen kann Gold wert sein, um wirklich informierte Entscheidungen zu treffen. Zudem gibt es auch an “echte” Siegel angelehnte Aufdrucke, die Tatsachen suggerieren sollen, die nicht oder nur unzureichend zutreffen.
Ist Thunfisch aus Aquakultur nachhaltiger und eine Lösung?
Aquakulturen, auch als Fischzucht bekannt, können in der Theorie helfen, den Druck von Wildbeständen zu nehmen. Allerdings gibt es bei Aquakulturen auch Probleme. Schauen wir uns Thunfisch-Aquakulturen genauer an.
Die Zucht beginnt oft mit dem Ranching-Verfahren. Junge, wild gefangene Thunfische werden in Netzkäfigen gehalten und gemästet, bis sie das gewünschte Marktgewicht erreichen. Hierzu gibt es Tierschutz-Bedenken, denn überfüllte Netzkäfige verursachen Stress bei den Fischen und erhöhen das Risiko von Krankheitsausbrüchen. Aber es gibt weitere Probleme.
Netzkäfige führen zur Verschmutzung der umliegenden Gewässer durch Fischexkremente, nicht gefressenes Futter und Medikamentenreste. Außerdem sind Thunfische Raubfische und benötigen eine proteinreiche Ernährung, oft in Form von anderen Fischen. Dies fördert die Überfischung kleinerer Fischarten, die als Fischmehl und -öl für das Thunfischfutter verwendet werden.
Problematisch ist auch, dass die Zucht von Thunfischen in dicht besiedelten Käfigen zu Krankheiten und Parasitenbefall führen kann. Zudem könnten in Gefangenschaft gezüchtete Thunfische, die aus Käfigen entkommen, sich mit wilden Populationen kreuzen und so die genetische Vielfalt der wilden Bestände beeinträchtigen.
Fazit: Thunfisch aus Aquakultur ist nach aktuellem Stand (2023) meiner Meinung nach keine tier- und umweltfreundliche Lösung.
Persönliches Fazit: Werde ich Thunfisch wieder in meinen Speiseplan aufnehmen?
Bist du auch so erschlagen von den vielen Informationen, Daten und Tatsachen zum Thunfisch? Und dabei gäbe es noch einiges mehr über das Thema herauszufinden und zu sagen! Meine Bedenken haben sich jedenfalls durch meine Recherche nicht verringert.
Überfischung und die mit einigen Fangmethoden verbundenen hohen Beifangraten sind kritisch. Die Tatsache, dass einige Thunfischarten in bestimmten Regionen überfischt sind, während andere Bestände stabil oder sogar wachsend sind, macht die Entscheidung noch komplizierter.
Auf der positiven Seite gibt es Fortschritte bei der nachhaltigen Fischerei. Fangmethoden sollen verbessert werden und Siegel wie das MSC-Zertifikat können Konsumenten wie mir dabei helfen, verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen. Dennoch bleibt das Problem der Transparenz, da die genauen Kriterien und Praktiken hinter jedem Siegel variieren können und Missbrauch und Täuschung nie ausgeschlossen sind.
Nach reiflicher Überlegung und Auseinandersetzung mit dem Thema werde ich Thunfisch weiterhin nicht bewusst in meinen täglichen Speiseplan integrieren. Wenn mir jedoch jemand ein Gericht mit Thunfisch zubereitet, werde ich nicht unbedingt ablehnen, denn Lebensmittel wegzuwerfen, ist ebenfalls nicht nachhaltig.
In solchen Momenten würde ich vielleicht auch sensibel aufklären und nachfragen, wie und wo der Thunfisch gefangen wurde und – wenn die Situation passt – auf diesen Blogbeitrag verweisen. Ich werde auch Veränderungen beobachten, was Thunfischbestände, nachhaltige Fangmethoden und andere Aspekte betrifft. Vielleicht gibt es in der Zukunft Entwicklungen, die meine Meinung zur Vertretbarkeit von Thunfisch-Konsum ändern – in die eine oder andere Richtung.