Papiertonne, Glascontainer und gelber Sack sind in Deutschland selbstverständlich und wir wähnen uns als Recycling-Weltmeister. Besucher:innen aus dem Ausland staunen über unser Abfallsystem und versuchen es zu verstehen. Vieles aus unserem Wiederverwertungssystem funktioniert erstaunlich gut und wirkt der Rohstoffknappheit entgegen. An anderen Stellen bröckelt die Fassade der Mülltrennung, vor allem Recycling von Verpackungsmüll muss kritisch betrachtet werden.
Doch wie steht es insgesamt ums Recycling und um Kreislaufwirtschaft? Welche Recycling-Formen gibt es, wie ökologisch sind sie und welche sind am effektivsten?
Verschiedene Abfallarten: 3 Formen von Recyclingkreisläufen
Wenn ich an recycelbaren Müll denke, fallen mir Tonnen und Container ein: gelbe Tonnen für Verpackungen, blaue oder braune Tonnen für Papier, Glascontainer für leere Gläser und Flaschen. Typischer Müll, der in Privathaushalten anfällt.
Neben Verbrauchermüll gibt es aber noch andere Abfälle. Darum sind Recyclingkreisläufe in drei Formen unterteilt:
- Produktionsabfallrecycling
- Produktrecycling
- Rohstoffrecycling / Stoffrecycling
Schauen wir uns diese drei Recyclingkreisläufe genauer an:
Produktionsabfallrecycling
Beim Produktionsabfallrecycling werden Abfälle, die direkt bei der Herstellung anfallen, idealerweise noch vor Ort recycelt und weiterverwertet. Noch sind solche Abfälle schwer vermeidbar, aber aus Eigeninteresse versuchen Industrien solchen Ausschuss möglichst gering zu halten.
Einschätzung Effektivität und Ökobilanz von Produktionsabfallrecycling
Industrien reduzieren aus wirtschaftlichen und aus Umweltschutzgründen bereits vorab Produktionsabfälle und optimieren Recyclingabläufe fortlaufend. Zusätzlich legt der Ausschuss in vielen Fällen nur kurze Wege innerhalb des Produktionsstandortes zurück.
Ökologisch vorteilhaft ist die Reinheit der Produktionsabfälle, und dass genau bestimmt ist, um welche Materialien und Stoffe es sich handelt. Dadurch ist die Rückführung in den Rohstoffkreislauf relativ leicht zu bewerkstelligen. Produktionsabfallrecycling darf daher als effektiv bezeichnet werden.
Allerdings sind Recyclingprozesse dieser Kreislaufwirtschaft teils exorbitant energieintensiv. Darum investieren immer mehr Industrieunternehmen mit angeschlossenem Recycling und Recyclingunternehmen aus dieser Sparte in erneuerbare Energien; die unternehmenseigenen Solaranlagen liefern „grünen“ Strom, was die Ökobilanz des Recyclings verbessert.
In der Chemieindustrie besteht zusätzlich die Herausforderung, dass Verfahren für das Zerlegen von Prozesschemikalien in ihre einzelnen Bestandteile während des Produktionsabfallrecyclings umweltfreundlicher werden müssen. Man spricht von Grüner Chemie, die für die Aufbereitung von Prozesschemikalien weiterentwickelt wird.
Beispiele für Produktionsabfallrecycling: Metallspäne und Werkstoffreste aus der metallverarbeitenden Industrie, Prozesschemikalien aus der Chemieindustrie, Kunststoffabfälle durch Spritzguss von Formteilen
Produktrecycling
Bei dieser Form des Recyclingkreislaufs werden Produkte oder Teile von diesen als Ganzes erhalten, ihre Form wird nicht oder nur unwesentlich verändert. Das Produkt kann durch Produktrecycling entweder wiederverwendet werden, das bedeutet, dass nach einer Aufbereitung die ursprüngliche Funktion wiederhergestellt ist. Als weiterverwendet gelten Produkte aus dem Produktrecycling, wenn die Produktfunktion verändert wurde.
Beim Produktrecycling werden bei Bedarf abgenutzte oder beschädigte Bauteile eines Produkts ausgetauscht, um die volle Funktion wiederherzustellen. Möglicherweise werden Teile gegen aktuelle gewechselt, weil sie die Gesamtfunktion beeinträchtigen würden; in diesem Fall entsprechen die alten Teile meist nicht mehr dem technischen Standard. Die kaputten oder veralteten Bauteile werden ins Rohstoffrecycling gegeben und gelangen darüber in die Kreislaufwirtschaft.
Einschätzung Effektivität und Ökobilanz von Produktrecycling:
Es ist sehr effektiv, verringert den Abfallanfall, spart Wasser und Rohstoffe, weniger neue Produkte müssen produziert werden und es ist energieeffizienter im Vergleich zu anderen Recyclingformen.
Allerdings ist das Potenzial des Produktrecyclings noch lange nicht ausgeschöpft. Es besteht die Aufgabe, dass bereits bei der Entwicklung, beim Design, bei der Konstruktion von Produkten und bei der Materialauswahl die Möglichkeit des Produktrecyclings einbezogen und vereinfacht wird.
Außerdem ist es notwendig, dass von Herstellern künstlich erzeugte Hürden für die Wiederaufbereitung durch Gesetze und Regularien unterbunden werden. An dieser Stelle ziehe ich das Beispiel Produktrecycling von Druckerpatronen heran, weil ich durch unser Wiederaufbereitungswerk in Thüringen damit täglich konfrontiert bin: Druckerhersteller verhindern durch die Firmware des Druckers und durch einen Chip auf der Kartusche, dass diese nach der Nutzung neu befüllt wieder als volle Patrone im Drucker erkannt wird. Entsprechend ist ein höherer (Rohstoff-)Aufwand nötig, um die Kartusche bis zum vollen Funktionsumfang als Ganzes zu recyceln. Das wäre problemlos vermeidbar und würde die Ressourcen der Erde und die Umwelt schonen.
Beispiele für Produktrecycling: erwähnte Tintenpatronen und Tonerkartuschen, die wir in unserem Betrieb wiederaufbereiten, generalüberholte Smartphones, Tablets, Drucker, Spielekonsolen und ähnliche Technik, Fahrzeugteile, Mehrwegflaschen
Rohstoffrecycling / Stoffrecycling
Beim Rohstoffrecycling wird Abfall in seine einzelnen Materialien getrennt und sortiert, um Rohstoffe daraus zurückzugewinnen und für andere Produkte zu verwenden. In dieser Kreislaufwirtschaft landen nicht nur Konsumabfälle aus Privathaushalten sowie Müll aus dem Handel, sondern auch Teile aus dem Produktrecycling und Material aus dem Produktionsabfallrecycling. Die Grenze zwischen Rohstoffrecycling und Produktionsabfallrecycling verschwimmt immer dann, wenn in Industrien Abfall nicht direkt weiterverwertet werden kann.
Die bekanntesten Beispiele des Rohstoffrecyclings sind:
- Papier
- Glas
- Metall
- Plastik
Weil diese Materialien sehr unterschiedlich recycelt werden, schauen wir uns die verschiedenen Methoden genauer an:
Papierrecycling
Altpapier fällt bei jedem zuhauf an – laut Umweltbundesamt 219 kg pro Kopf Stand 2020 – und wird über Papiertonnen und Papiercontainer entsorgt. Aus alten Zeitungen, Magazinen, Werbeblättchen, Unterlagen, Büchern, Pappen und Kartonagen entstehen durch Papierrecycling neue Papierprodukte.
Vereinfacht dargestellt wird beim Papierrecycling zunächst das Altpapier nach verschiedenen Papierqualitäten sortiert, in Ballen gepresst, in Wasser aufgelöst und zerfasert. Fremdstoffe wie Sichtfenster aus Briefumschlägen, Büroklammern u. ä. werden herausgefiltert. Der entstandene Brei wird gesiebt, gewalzt, gepresst und zu Recycling-Papierprodukten wie beispielsweise Toilettenpapier, Zeitungspapier, Kartonagen, Wellpappe, Papierhandtücher oder Druckerpapier weiterverarbeitet.
Ausklappen: Einschätzung Effektivität und Ökobilanz von Papierrecycling
Es ist ein sehr effektiver Recyclingkreislauf, denn Papier kann zwischen 10- und 25-mal recycelt werden, bis die Fasern zu kurz sind, um sich zu neuem Papier verbinden zu können. Positiv ist, dass die Herstellung von Altpapier etwa nur 70 Prozent des Wassers und nur rund die Hälfte der Energie verbraucht, die für die Produktion von neuem Papier aus Holzfasern oder Zellstoff aufgewendet werden müssen.
Allerdings können nur rund 70 Prozent des Altpapiers zu Recyclingpapier verarbeitet werden. Das liegt an den erwähnten Fremdstoffen wie Büroklammern oder Plastikelementen und an den je Recyclingvorgang kürzer werdenden Fasern. Aber auch im Altpapier enthaltene Stoffe wie Bindemittel, Klebstoffe und – am problematischsten – bestimmte Druckverfahren „verderben“ Altpapier fürs Recycling, was den letzten Weg in die Müllverbrennung bedeutet.
Es ist zukünftig fürs Papierrecycling notwendig, ein Bewusstsein für genannte Problematiken zu schaffen, damit Papier, Karton und Pappe nur noch recyclingfreundlich bedruckt und behandelt werden. Dadurch würde der Anteil des wiederverwertbaren Altpapiers steigen.
Glasrecycling
Regelmäßig entsorge ich am Glascontainer wie jede:r von uns leere Verbrauchsgläser und Glasflaschen in die Behälter für Braunglas, Weißglas und Grünglas. Rotes und blaues Glas gehören ebenfalls in den Grünglas-Behälter.
Nach der Abholung wird die Sortierung des Glases nach Farben verbessert, denn Fehlwürfe am Container bleiben nicht aus. Danach wandert das Glas in die Zerkleinerung und vorhandene Metallteile werden mit Magneten von den Glasscherben getrennt, um separat ins Metallrecycling gegeben zu werden. Etiketten werden von den Glasscherben gelöst und mit Papiersaugern entnommen. Nach einer Reinigung wird das Glas eingeschmolzen und zu neuen Produkten aus Glas weiterverarbeitet.
Ausklappen: Einschätzung Effektivität und Ökobilanz von Glasrecycling
Glas kann beliebig oft eingeschmolzen werden, es bleibt erhalten und zählt zu den effektivsten Arten des Rohstoffrecyclings. Nur etwa 3-7 Prozent des Altglases ist verunreinigt und wird nicht zu neuen Flaschen und Gläsern, sondern beispielsweise zur Fertigung von Leichtfüllstoff für Wärmedämmplatten genutzt.
Das Einschmelzen des Altglases ist allerdings sehr energiehungrig, es bedarf aber weniger Energie als die Herstellung von neuem Glas aus den Primärrohstoffen Quarzsand, Kalk, Dolomit und Soda. Außerdem schont das Glasrecycling die Natur, denn es müssen zur Gewinnung der Primärrohstoffe 7m3 Gestein abgebaut werden, um 1m3 Primärrohstoff zu erhalten.
Plastikrecycling
Plastikrecycling ist enorm wichtig, weil Unmengen Plastikmüll unseren Planeten überschwemmen und für die Herstellung von Kunststoffen hohe Mengen an Erdöl und Energie aufgewendet werden. Allerdings wird Kunststoffrecycling bei weitem nicht so durchgeführt, wie ich mir das früher gedacht habe: aus alt wird neu.
Offiziell liegt die Recyclingquote von Kunststoff bei rund 60 Prozent. Als ich mich intensiv mit Plastikrecycling beschäftigt habe, hat sich diese auf den ersten Blick ansehnliche Quote massiv relativiert. Tatsächlich ist die Wahrheit über Plastikrecycling skandalös und regelrecht schockierend. Recycling ist nicht gleich Recycling und bei Plastik nur selten „aus alt wird neu“.
Ausklappen: Einschätzung Effektivität und Ökobilanz von Plastikrecycling
Mir ist klar, dass ich mich eben recht reißerisch ausgedrückt habe. Warum das so ist, kannst du bei uns im Blog nachlesen. Auch der von uns empfohlene Doku-Film dazu ist ein Augenöffner. Beides zeigt ausführlich, wie die Effektivität und Ökobilanz von Plastikrecycling eingeschätzt werden muss und welche Greenwashing-Methoden und Machenschaften dabei vorgehen.
Zum Blogbeitrag: Plastikrecycling: Nehmen wir uns bei der Kunststoffverwertung selbst auf den Arm?
Zum Doku-Film: Die Recyclinglüge
Metallrecycling
Metalle finden wir sowohl in langlebigen als auch in kurzlebigen Produkten: Stahlträger für Bauwerke, Kupfer in Stromleitungen, Aluminium im Fahrradrahmen oder für Verpackungen, Eisennägel … Die Liste ist lang. Ohne Metall funktioniert unser Leben nicht, aber dankbarerweise können Metalle sehr gut recycelt werden. Dazu zählen hauptsächlich Aluminium, Zink, Zinn, Blei, Bronze, Kupfer und Eisen. Übrigens wird recyceltes Metall Sekundärmetall genannt und Primärmetall (= neu hergestelltes Metall) wird aus Metallerzen produziert.
Metalle landen über viele Entsorgungswege im Metallrecycling. Aus Verpackungsmüll, aus Industriemüll, aus Schrott, aus Elektroschrott und einfach als Altmetall. Je korrekter Metalle entsorgt werden, desto ökologischer ist ihr Recycling. Kupferkabel gehören in den Elektroschrott, Aluminiumverpackungen in den gelben Sack und manche Gemeinden bieten Wertstofftonnen an, in die du Metalle entsorgen kannst. Alternativ ist der Recyclinghof immer eine gute Adresse für alle Arten von Produkten aus oder mit Metall, die du loswerden musst.
Die über die verschiedenen Wege gesammelten Metalle werden gegebenenfalls von anderen Materialien getrennt, nach Metallart sortiert, zerkleinert, eingeschmolzen und schließlich in Formen gegossen, um für die Herstellung neuer Produkte verwendet zu werden.
Ausklappen: Einschätzung Effektivität und Ökobilanz von Metallrecycling
Metallrecycling ist sehr effektiv, denn Sekundärmetall kann üblicherweise uneingeschränkt wie Primärmetall verwendet werden. Es fallen also keine oder kaum Rohstoffverluste und Verschlechterungen des Materials an.
Zusätzlich ist Metallrecycling enorm energiesparend. Für das Aluminiumrecycling werden beispielsweise nur 5 bis 10 Prozent der Energie aufgewendet, die für Primäraluminium aus dem Erz Bauxit benötigt werden. Bei recyceltem Kupfer sind es 15 Prozent, bei Eisen im Mittel 30 Prozent weniger Energie als für die Produktion der jeweiligen Primärmetalle.
Da der Bedarf an Metallen riesig ist und weiterhin steigen wird, sind das Metallrecycling und die Gewinnung von Sekundärmetallen ökologisch sinnvoll und absolut notwendig. Weniger Metallimport bedeuten weniger umweltbelastende Transporte über tausende Kilometer und es muss weniger Primärmetall aus Metallerzen hergestellt werden.
Für die Erzgewinnung werden nämlich dank des Bergbaus ganze Landstriche verwüstet, Wälder gerodet und Naturräume zerstört. Enorme Mengen Wasser werden in einem Ausmaß verbraucht, dass vielerorts der Grundwasserspiegel sinkt, Böden und Luft werden kontaminiert. Und das ist nur ein Ausschnitt der negativen Auswirkungen der Erzgewinnung. Entsprechend zählt jedes Kilogramm recyceltes Metall.
Fazit
In Zeiten wachsender Rohstoffknappheit ist Recycling unerlässlich und einige Recyclingkreisläufe sind bereits sehr effektiv. Andere zeigen Optimierungspotenzial, das für die Verbesserung der Effektivität ausgeschöpft werden muss.
Als Verbraucher sind wir in der Pflicht, alle Recyclingkreisläufe durch korrektes Entsorgen von Müll und Wertstoffen zu unterstützen. Noch wichtiger ist aber die Rohstoffeinsparung: Rohstoff, der nicht verbraucht wird, muss nicht umweltbelastend gewonnen, weiterverarbeitet und später recycelt werden, logisch. Verantwortungsvoller Konsum, Reparatur statt Neukauf und der Kauf von wiederaufbereiteten Produkten tragen dazu bei.