Was ist ≤ 5 Millimeter groß? Mikroplastik. Laut der MedUni Wien gelangen rund fünf Gramm winziger Plastikteilchen wöchentlich in unseren Magen-Darm-Trakt. Auf gut Deutsch: Wir essen pro Woche in etwa eine Menge Kunststoff, die dem Gewicht einer Kreditkarte entspricht. 

Mikroplastik – filmreifer Stoff

Kennst du Filme, bei denen sich zu Beginn gezeigte Nachrichtenmeldungen verdichten, um dem geneigten Zuschauer die anstehende Katastrophe zugänglich zu machen? Ja? Lies dir bitte in aller Ruhe die folgenden echten Schlagzeilen durch:

… und jetzt lass die Schlagzeilen einen Moment auf dich wirken, bevor du weiterliest.

Was ist Mikroplastik und woher kommt es?

Puh, Mikroplastik. Zugegeben, der Begriff ist mittlerweile so omnipräsent wie das Material in unserer Umwelt, nicht zuletzt wegen des aktuellen „Glitterverbots“ der EU (Stand Oktober 2023). Aber was genau ist Mikroplastik und woher kommt es?

Offensichtlich entsteht Mikroplastik durch den Zerfall von Plastikabfällen. Mit der Zeit, beeinflusst durch Witterungsbedingungen und mechanische Kräfte, zersetzen sich größere Plastikteile in mikroskopisch kleine Kunststoff-Partikel. Dabei sind es nicht nur die jedem sofort ins Auge springenden Quellen wie Plastikflaschen oder Verpackungen, die für die Verbreitung verantwortlich sind.

Wer hätte schon gedacht, dass mit jedem Waschgang unzählige Kunststofffasern ins Abwasser gelangen? Und dass Autoreifen ganz und gar nicht unschuldig sind? Sie hinterlassen bei jeder Fahrt Mikroplastik auf unseren Straßen.

Die Landwirtschaft, eine Branche, die man vielleicht nicht sofort mit Plastikvermüllung assoziiert, trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei. Die Praxis, Klärschlamm als Dünger zu verwenden, hat zu einer direkten Kontamination des Bodens mit Mikroplastik geführt – der Boden, der unsere Nahrung hervorbringt. Auch Plastikfolien aus dem Anbau verwittern und hinterlassen Kunststoff in der Natur. Und der geht da auch nicht „einfach wieder weg“, sondern verbleibt in der Umwelt.

Und wie gelangt mikroskopisch kleiner Kunststoff in Kläranlagen? Hier wird man auf der Suche nach der Quelle unter anderem bei Kosmetik fündig. Jenseits der sichtbaren Partikel in Peelings lauern auch flüssige Kunststoffe, die für Kosmetikprodukte extra hergestellt und beigemengt werden. Dieses Plastik ist weit verbreitet, bleibt jedoch als unsichtbarer Inhaltsstoff oft von uns Verbrauchern unentdeckt und gelangt über das Abwasser ins Ökosystem. 

Mikroplastik verteilt sich in Meeren, Flüssen, der Luft und im Boden. Jede Anwendung von künstlichem Dünger, jeder weggeworfene Plastikgegenstand, und sogar unser Kompost – der scheinbar harmlose biologische Abfall – kann die Partikel enthalten und so zur weiteren Ausbreitung beitragen.

Dies ist nur ein verkürzter, aber erschreckender Blick auf die mögliche Herkunft des Mikroplastiks, das um sich greift.

Infobox: Die Weltnaturschutzunion (IUCN) schätzt, dass jährlich 1,8 bis 5 Mio. Tonnen Mikroplastik in die Umwelt und zwischen 0,8 und 2,5 Mio. Tonnen in die Ozeane gelangen.

Mikroplastik verseucht Umwelt, Nahrung, unsere Körper

Mikroplastik im menschlichen Organismus

Überrascht es dich da noch, dass Forschende der Capital Medical University (CMU) in Gewebeproben von menschlichen Herzen Plastikpartikel aufspüren konnten, die sie während Herzoperationen entnommen hatten? Mich nicht.

Dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Freien Universität Amsterdam Kunststoffpartikel im menschlichen Blut entdeckt haben, verwundert genauso wenig. Aber diese Ergebnisse sind genauso besorgniserregend wie die Kunststoffrückstände in den 17 von 22 untersuchten Blutproben. Die Genauigkeit der Amsterdamer Studie wurde hervorgehoben, da strikte Kontrollmaßnahmen eine externe Kontamination mit Kunststoff ausschlossen und so die Zuverlässigkeit der Ergebnisse sicherten.

Andere Forschungsergebnisse zeigten in untersuchten Proben Spuren von Plastik in Lungen und Plazenten. Plastik in Stuhlproben? Geschenkt.

Es ist offensichtlich: Mikroplastik gelangt über die Umwelt in unsere Körper, ein Großteil davon über die Nahrung. Nicht nur Fisch und Meeresfrüchte enthalten Mikroplastik, auch über pflanzliche Kost nehmen wir es auf. Veganer, Vegetarier, Mischköstler – alle sind davon betroffen.

Mikroskopisch kleines Plastik ist in Meeren, Flüssen, in unseren Böden und gelangt darüber in unsere Nahrungskette. Über die Luft atmen wir es ein. Und wir sind uns noch nicht einmal sicher, wie sich das Plastik auf uns auswirkt, das sich in uns anreichert. 

Aber um von diesem Menschen zentrierten Gedanken wegzukommen – auch die Natur und ihre Bewohner sind natürlich betroffen. Verantwortlich dafür sind wir alle.

Mikroplastik: Flora und Fauna im Plastikzeitalter

Mikroplastik in Ackerboden

Die Bilder von Tieren, die sich im Kampf mit Plastikmüll befinden, sind uns allen vertraut und es erscheint einleuchtend, dass Meeresbewohner Mikroplastik fressen. In ähnlicher Weise ist es anerkannt, dass Landtiere, darunter Säugetiere, Vögel und Reptilien, ebenfalls von der Plastikverschmutzung betroffen sind. Doch ein Aspekt, der häufig im Schatten bleibt, ist die stille Krise, die sich in unseren Erdböden abspielt, die sowohl die Grundlage für unsere Nahrung als auch die Nahrungsquelle unserer Nutztiere bilden. Bodenorganismen sind betroffen von unserem nicht biologisch abbaubarem Mikroplastik.

In diesem Kontext liefert eine Studie der Technischen Universität Berlin aufschlussreiche Einblicke in das unterschätzte Thema der Mikroplastikbelastung in unseren Böden. Forscher haben herausgefunden, dass nicht nur wir, sondern auch wichtige Bodenorganismen wie Regenwürmer, Milben und Rädertierchen Mikroplastik aufnehmen. Plastik dringt in ihre Systeme ein und wirkt sich nachteilig auf ihren Stoffwechsel, ihr Wachstum und ihre Fortpflanzung aus.

Besonders problematisch erscheinen Partikel, die kleiner als 100 Mikrometer sind. Diese sind mit Störungen im Stoffwechsel und der Fortpflanzung verschiedener Bodenorganismen verbunden. Auch Regenwürmer, die oft als Indikatoren für die Bodengesundheit betrachtet werden, können durch die Aufnahme von Mikroplastik beeinträchtigt werden.

Die Studie wirft auch Licht auf den Zustand anderer Bodenbewohner, die negativ beeinflusst werden. Dies könnte langfristige Auswirkungen auf die Nährstoffzufuhr und die Struktur des Bodens haben, auf dem wir unsere Nahrung anbauen.

Harter Tobak: Wir müssen gegen Mikroplastik vorgehen

Wir bringen immer mehr Plastik in die Umwelt ein und verändern dadurch die Erde – unseren Planeten und so auch die Erde, die wir für den erfolgreichen Anbau von Gemüse, Getreide und Obst benötigen. 

Unsere Gesundheit ist durch unseren Umgang mit Plastik gefährdet. Mikro- und Nanoplastikpartikel werden mit Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Fettleibigkeit und chronischen Lebererkrankungen in Verbindung gebracht und könnten Entzündungs- und Immunreaktionen auslösen.

Die Tierwelt ist das unschuldige Opfer. Britische Forscher entdeckten beispielsweise eine Krankheit bei bestimmten Seevögeln, „Plastikose“, eine Krankheit, die nicht durch Viren oder Bakterien, sondern durch kleine Plastikteile ausgelöst wird.

Es gibt vermutlich keinen Ort auf diesem Planeten, den wir nicht mit Mikro- und Nanoplastik verseucht haben. Hinzu kommt der „normale“ Plastikmüll, der Ursache für zahlreiche weitere Probleme ist.

Die EU kennt das Problem und leitete bereits Maßnahmen gegen Mikroplastik ein. Dazu zählt aktuell das Verbot von losem Glitzer aus Plastik (Stand Oktober 2023). Weitere Verbote folgen in den kommenden Jahren.

Aber nicht nur in der EU, sondern weltweit setzt sich die Politik für Maßnahmen gegen Plastik und somit auch gegen Mikroplastik ein. Darunter befinden sich beispielsweise der US-Bundesstaat Kalifornien und Kanada.

Doch wir sollten bei uns selbst anfangen. Was können wir tun, um Plastik zu reduzieren, gesünder zu leben und die Umwelt zu schonen? Hier 15 Vorschläge zur Vermeidung von Mikroplastik:

  1. Plastikfreie Mehrwegverpackungen und -behälter nutzen, wann immer es möglich ist 
  2. Wasser aus der Leitung anstatt aus Plastikflaschen reduziert drastisch die Menge der aufgenommenen Mikroplastikpartikel und vermeidet Plastikmüll
  3. Unverpacktes Obst, Gemüse und andere Lebensmittel vermeidet Plastik
  4. Müll korrekt trennen und recyceln, um die Menge an Plastikabfall zu reduzieren, der in die Umwelt gelangt
  5. Produkte von Marken kaufen, die sich für nachhaltige Verpackungen und umweltfreundliche Praktiken einsetzen
  6. Statt Plastiktüten zu verwenden, eigene wiederverwendbare Taschen aus Naturmaterial für den Einkauf nutzen
  7. Kleidungsstücke aus natürlichen Materialien wie Baumwolle oder Leinen bevorzugen, um den Abrieb von Kunststofffasern zu vermeiden
  8. Auf Kosmetik und Pflegeprodukte ohne Mikroplastik setzen, die Inhaltsstoffe auf der Verpackung genau überprüfen
  9. Wo immer es möglich ist, Nachfüllstationen für Produkte wie beispielsweise Seife oder Waschmittel nutzen
  10. Die Abnutzung von Autoreifen reduzieren, indem man öfter auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigt und das Fahrrad für kürzere Strecken verwendet
  11. Naturbasierte und biologisch abbaubare Reinigungsmittel und Utensilien verwenden, um die Verbreitung von Mikroplastik im Abwasser zu reduzieren
  12. Sich an Bewegungen und Initiativen beteiligen, die sich für eine Abfallreduzierung und nachhaltige Praktiken einsetzen, um das Bewusstsein zu schärfen und den Plastikkonsum zu minimieren
  13. Bei Take-Away oder Veranstaltungen eigenes wiederverwendbares Geschirr und Besteck verwenden
  14. Haushaltsgegenstände aus nachhaltigen, biologisch abbaubaren Materialien wählen, beispielsweise Luffaschwämme oder Wachstücher
  15. Statt unterwegs Getränke in Einwegflaschen zu kaufen, eigene plastikfreie Flaschen mitbringen und wenn möglich nachfüllen

Wenn jeder einzelne von uns auch nur einige dieser Vorschläge möglichst konsequent umsetzt, schaffen wir ein stärkeres Bewusstsein für die dringende Notwendigkeit, unsere Ozeane, Böden und Luft, die Tier- und Pflanzenwelt und unsere Bodenlebewesen vor weiterem Plastik und Mikroplastik zu bewahren. Sei einfach verantwortungsvoll!

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