Ein Kommentar zu Weihnachtsgebäck im Sommer
Nicht zu glauben: Es ist Mitte August und ich stolpere beim Einkauf – beinahe wörtlich – über eine Packung Spekulatius. Ja, genau, diese kleinen, würzigen Kekse, die wir alle mit Weihnachten verbinden.
Da fragt man sich doch, ob der Weihnachtsmann dieses Jahr vielleicht seinen Schlitten gegen ein Cabrio getauscht und sich entschieden hat, den ganzen Weihnachtstrubel vorzuziehen. Oder hat Rudolph etwa seine Erholungszeit im Harz verkürzt und drängelt jetzt auf den Saisonstart? Und mitten in diesem sommerlich-weihnachtlichen Rummel kommt auch die Frage auf: Wo zum Kuckuck ist das Christkind? Aber das ist eh jedes Jahr zwischen den ganzen Schokoladenweihnachtsmännern massiv unterrepräsentiert.
Humor beiseite – warum finden wir bereits jetzt Weihnachtsgebäck in den Regalen? Bin ich die Einzige, die das Gefühl hat, dass diese Lebkuchen und Schoko-Nikoläuse jedes Jahr ein bisschen früher auftauchen? Bald erwarte ich, dass sie sich neben den Osterhasen ein Plätzchen suchen.
Und jenseits der geschmunzelten Bemerkungen stellt sich mir die Frage, warum wir uns in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, dazu entschließen, saisonale Traditionen über Bord zu werfen? Könnte es sein, dass die frühe Nachfrage nach Weihnachtssüßigkeiten tatsächlich ein Spiegelbild unserer „Ich-will-alles-sofort“-Gesellschaft ist? Unsere Ungeduld könnte ungewollt den Zyklus der Dinge stören. Jedes Produkt, das frühzeitig in den Regalen landet und dann nicht gekauft wird, läuft Gefahr, verschwendet zu werden.
Aber liebe Supermärkte, ich verstehe, dass die Weihnachtszeit für euch geschäftlich gesehen so etwas wie die Champions League ist. Aber ich persönlich würde gerne erst das Herbstlaub genießen und sogar Halloween verstreichen lassen, bevor ich mir Gedanken darüber mache, ob ich Zimtsterne und Pfeffernüsse essen möchte.
Ich mein‘, klar, ich könnte der Versuchung widerstehen und einfach an den Regalen vorbeigehen. Aber dann gibt es da diese Stimme im Hinterkopf (oder ist es der Appetit?), die sagt: „Komm schon, ein kleines Lebkuchenherz wird doch wohl drin sein!“ Und ehe ich mich versehe, sitze ich zu Hause mit einer Tasse eiskaltem(!) Kakao und Weihnachtsgebäck, während sich andere die Sommersonne aufs Haupt scheinen lassen und in den Badesee hüpfen.
Aber wirklich, ich appelliere an alle Supermärkte da draußen: Lasst uns doch die Jahreszeiten in ihrer Reihenfolge genießen. Ich verspreche auch, im Dezember fleißig Weihnachtsgebäck zu kaufen. Aber bis dahin würde ich gerne noch jede Menge Eis schlecken und später meine Kürbissuppe löffeln, ohne von einem schokoladigen Weihnachtsmann angegrinst zu werden.
Schlussendlich, liebe Leser, haben aber wir als Verbraucher die Macht, diesen Trend zu steuern. Wenn wir geduldig wären und auf das richtige Timing für unsere geliebten Weihnachtstraditionen warten würden, könnten die Hersteller und Supermärkte einen Beitrag zum Sparen von Ressourcen leisten und es sich zweimal überlegen, bevor sie Dominosteine und Co. in die Regale stellen.
Aber gut, solange die Absätze stimmen und Lebkuchen und Co. nicht in Mülltonnen landen, ist es egal. Vielleicht sollte ich euch daher lieber zurufen, „Los, kauft das Zeug!“, damit auch ja alles seinen schleckermäuligen Abnehmer findet. Mir persönlich munden die Plätzchen trotzdem erst richtig gut, wenn die weihnachtliche Saison mit dem 1. Advent begonnen hat.
Also, bis zum nächsten Mal – vielleicht dann, wenn die Osterhasen zu Neujahr in den Regalen auftauchen.