Die Frage eines höchst optimistischen deutschen TV-Moderators, woher die Wissenschaft wissen will, was durch den Klimawandel auf uns zukommen wird, sofern wir die Erderwärmung nicht ausbremsen, ist eine interessante: 

Wie arbeiten Forschende allgemein und Klimaforscher:innen im Speziellen? Wie kommen sie zu ihren Klimaprognosen? Und gibt es beim Thema Klimawandel wirklich einen wissenschaftlichen Konsens? Ist dieser ernst zu nehmen?

Wie kommen Wissenschaftler:innen zu ihren Erkenntnissen?

Zunächst stellen sich Forschende eine Frage, die auf Beobachtungen zurückzuführen ist. In der Klimatologie beispielsweise: „Welche Auswirkung hat das Abschmelzen der Polkappen auf die Klimaerwärmung?“ 

Im nächsten Schritt werden Daten und Informationen gesammelt, beispielsweise durch existierende wissenschaftliche Forschungen, Statistiken, Analysen und Meta-Analysen und Studien.

Die Wissenschaftler:innen stellen auf Grundlage der Daten eine Hypothese auf, also eine Aussage oder Annahme, die sie bestätigen oder widerlegen wollen, beispielsweise in der Klimaforschung: „Mit dem Abschmelzen von Eis auf Landmassen und dem damit erhöhten Süßwassergehalt in Meeren beschleunigt sich die Abbremsung der Meeresströmungen im Atlantik, was zur Klimaerwärmung beiträgt.“

Die Hypothese wird auf den Prüfstand gestellt, in dem noch mehr Daten gesammelt werden, beispielsweise durch Expeditionen, Messungen, Experimente und Computersimulationen. In der Klimaforschung werden auch Daten von früher und heute verglichen.

Zuletzt werden alle gesammelten Ergebnisse ausgewertet und analysiert und führen zu einer Antwort auf die gestellte Frage bzw. zur Widerlegung oder Bestätigung der aufgestellten These. Die Ergebnisse werden schriftlich beispielsweise in einer Studie zusammengefasst und es wird festgehalten, welche Methoden und Daten die Forscher:innen angewendet haben, damit das Vorgehen nach der Veröffentlichung für wissenschaftlich Arbeitende nachvollziehbar und reproduzierbar ist.

Wichtig zu wissen ist, dass jede wissenschaftliche Theorie falsifizierbar ist, vereinfacht gesagt können alle Theorien widerlegt werden. Wichtig sind daher beim wissenschaftlichen Arbeiten unter anderem Objektivität, Nachvollziehbarkeit, Überprüfbarkeit, Validität und eine logische Argumentation.

Warum ändern sich wissenschaftliche Aussagen hin und wieder?

Wissenschaft ist nicht statisch, sondern lebt von Daten, Auswertungen und Schlussfolgerungen. Weil wissenschaftliche Thesen falsifizierbar sind, können alte Erkenntnisse mit neuen Daten, neuen Methoden und neuer Technologie widerlegt werden. Das ist keine Schwäche, sondern eine Stärke des wissenschaftlichen Arbeitens. Die Wissenschaft korrigiert sich selbst.

Was untersuchen Klimaforschende?

Die Klimatologie ist ein sehr breit gefächertes Forschungsfeld, entsprechend spezialisieren sich Klimaforscher:innen meist auf ein Fachgebiet.

Fachgebiete der Klimaforschung sind beispielsweise

  • theoretische Klimatologie wie u. a. die Physik der Atmosphäre und Klimamodelle
  • regionale Klimatologie in Tropen, Subtropen, Westwindzonen und Polargebieten
  • Klimatologie, die u. a. Klimageschichte, Klimaveränderungen und Treibhauseffekt untersucht
  • Klimatologie, die sich u. a. mit Klimaschutz, Anpassung an und Folgen der Klimaerwärmung beschäftigt

Unter diese verschiedenen Bereiche der Klimaforschung fallen zahlreiche Teildisziplinen wie beispielsweise die Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Klimasystemen und Ökosystemen wie etwa dem Regenwald oder die Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Veränderungen der Atmosphäre und der natürlichen Erdoberfläche. 

Tatsächlich sind Klimaforscher und Klimaforscherinnen weltweit an tausenden Orten mit unglaublich unterschiedlichen Forschungsarbeiten beschäftigt, die sich nicht alle aufzählen lassen. Die steigenden Datenmengen, Studien und Analysen helfen aber alle dabei, die Mechanismen des Klimas, seine Veränderungen, die Ursachen des schnellen Klimawandels und die möglichen Folgen zu verstehen und darzulegen.

Wie kommen Klimaforschende zu ihren Prognosen für die Zukunft?

Viele Klimaforscher:innen beschäftigt bei ihrer Forschung übergeordnet die Frage, wie die Zukunft unserer Erde aussehen wird und inwiefern die Entwicklung von unserem heutigen Handeln abhängt. Für ihre Prognosen rund ums Klima tragen sie die vielen Einzelergebnisse der Forschungsarbeiten zusammen und fügen immer mehr Puzzleteile zu einem Gesamtbild hinzu, was zu einem immer besseren Verständnis der Klimaveränderungen beiträgt. Dadurch werden immer genauere Klimaprognosen aufgestellt. 

expedition antarktis klimaforschung min

Heute haben Klimaforschende Unterstützung von extrem leistungsfähigen Rechnern, die mit gesammelten Daten gefüttert werden und so Entwicklungen und verschiedene Klimamodelle errechnen. Es werden verschiedene Modellrechnungen für Klimaveränderungen erstellt, bei denen Variablen verändert werden, wie beispielsweise die vom Menschen verursachten Mengen an CO2-Emissionen. Solche Modelle zeigen auf, wie unterschiedlich stark Maßnahmen auf den Klimawandel wirken. Oder auch, wie sich eine Erwärmung des Klimas um 1,5°C, 2°C oder 4°C im Zeitraum X auswirkt. 

Die Klimaforschung brachte und bringt also eine unglaubliche Datenmenge und viele Ergebnisse hervor, die dazu führen, dass die Forscher:innen Gesellschaft und Politik Auswirkungen, aber auch Empfehlungen und Handlungsoptionen zum Klimaschutz vorstellen können.

Der zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen

Die Instanz in Fragen zum Klimawandel und Klimaschutz ist der Weltklimarat, auch IPCC genannt, was für „Intergovernmental Panel on Climate Change“ steht, zu deutsch „Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen“. 

Tausende Wissenschaftler und Klima-Institute aus aller Welt tragen zu den Sachstandsberichten des IPCC bei, in denen der weltweite Forschungsstand über die Auswirkungen der Erderwärmung bewertet und öffentlich gemacht wird. 

Anzumerken ist, dass der Weltklimarat nicht selbst forscht, sondern Forschungen und ihre Ergebnisse auswertet. Dazu zählen nicht nur Ergebnisse der Klimaforschung, sondern es tragen auch Experten aus den Sozialwissenschaften und der Technologie für die Einschätzungen bei.

Gibt es einen wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel?

Tatsächlich wurde schon Anfang des 20. Jahrhunderts eine Erderwärmung vorausgesehen, Unsicherheiten, ob die Erwärmung eintreten würde, schwanden über die Jahrzehnte, als erst regional, später global deutliche Erwärmungen messbar wurden. Es bestanden aber noch Zweifel, ob die Erwärmung und der Klimawandel vom Menschen (mit) verursacht werden.

Die Weltklimakonferenz in Genf im Jahre 1979 drückte allerdings bereits aus, dass der Anstieg von Treibhausgasen und die damit verbundene Erderwärmung das Ergebnis des wachsenden Verbrauchs von Erdöl, Erdgas und Kohle in Industrie und Privathaushalten und damit anthropogen (vom Menschen beeinflusst/verursacht) sei.

1985 waren sich Wissenschaftler auf der Klimakonferenz in Villach auf Basis von Forschungen einig, dass die vom Menschen ausgelöste Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre zur globalen Temperaturerhöhung führt.

2013 ergab eine Studie des Klimaforschers John Cook und seines Teams, dass 97 Prozent der Wissenschaftler zustimmen, dass die Klimaerwärmung explizit oder implizit Ursache menschlichen Handelns ist. Das ergab sich aus der Auswertung von 12.000 Peer-reviewten Studien mit klimawissenschaftlichem Hintergrund aus den Jahren von 1991 bis 2011.

Eine weitere Untersuchung führte ebenfalls zum Ergebnis, dass der menschengemachte Klimawandel wissenschaftlicher Konsens ist. Dafür untersuchte der Brite und Wissenschaftsjournalist Mark Lynas 88.000 klimabezogene Fachveröffentlichungen aus den Jahren 2012 bis 2020 und stellte dabei sogar eine 99 prozentige Übereinstimmung fest.

Es ist also tatsächlich ein wissenschaftlicher Konsens zum anthropogenen Klimawandel vorhanden.

Ist der wissenschaftliche Konsens zum menschengemachten Klimawandel ernst zu nehmen?

Für mich zählen – wie für eine Mehrheit der Menschen – die Forschungsergebnisse rund um Klima, Klimawandel und Klimaschutz von tausenden Wissenschaftlern mit weltweiter Anerkennung mehr als Einzelmeinungen weniger Wissenschaftler oder die Meinung von Opa Gerhard am Fliesentisch, der YouTube und Telegram für sich entdeckt hat. (Sorry an alle Gerhards, die Fliesentischbesitzer und keine Klimawandel-Skeptiker sind! Zieht euch den Schuh einfach nicht an, danke.)

Besagte Einzelmeinungen stammen oft von Wissenschaftlern anderer Fachgebiete. Auch die Einflussnahme durch eine Interessengruppe, die beispielsweise an fossiler Energie verdient, ist nicht auszuschließen. Reißerische Meldungen bestimmter Medien, die die Bemühungen der Eindämmung des Klimawandels obsolet erscheinen lassen wollen, zielen oftmals nur auf Klicks ab; viele Klicks bedeuten viele Werbeeinblendungen, dadurch hohe Einnahmen und ein wütender Mob, der in den gar nicht so sozialen Medien seinen Kommentar-Müll hinschmiert und noch mehr Aufmerksamkeit und noch mehr Klicks sichert.

Und ehrlich, die Auswirkungen der Klimaerwärmung sind sichtbar, spürbar und erlebbar, dafür braucht es nur einen Blick vor die eigene Haustür. Von 1881 bis 2021 ist die Lufttemperatur in Deutschland im Jahresmittel um 1,6°C angestiegen, statistisch gesichert übrigens. Die sechs wärmsten Jahre Deutschlands seit 1881 traten alle in den vergangenen zehn Jahren auf. 

Dürren, Hitzewellen, sinkende Grundwasserspiegel, sinkende Flusspegel, Extremwetterereignisse wie im Ahrtal, an all das werden wir uns gewöhnen müssen. Und wenn wir nicht gemeinsam alle Stellschrauben nutzen, um die Klimaerwärmung auszubremsen und schließlich zu stoppen, wird es in unserer Heimat und weltweit noch in diesem Jahrhundert richtig bitter.

Wie bitter wird es, wenn wir die Klimaerwärmung nicht stoppen?

Der IPCC warnt seit Jahrzehnten auf Grundlage von tausenden Forschungsergebnissen vor den Folgen des menschengemachten Klimawandels. Der Weltklimarat weist auch auf Kipppunkte hin, das sind einzelne Elemente des Klimasystems, die sich gegenseitig beeinflussen. Solche Kipppunkte sind beispielsweise das Abschmelzen des grönländischen Eisschildes und des antarktischen Eisschildes und der Amazonas-Regenwald.

Klimawandel Sinnbild - grüne Welt - vertrocknete Welt

Ein durch die Erderwärmung ausgelöster Kipppunkt kann eine Kettenreaktion hervorrufen, die die Erwärmung weiter beschleunigt und so weitere Kipppunkte überschreiten lässt. Das hat zur Folge, dass die globalen Temperaturen noch schneller steigen als erwartet, was der Menschheit wertvolle Zeit raubt, um eine Kehrtwende hinzulegen. Das nennt man Rückkopplungsprozess.

Nun nehmen wir einfach mal mit diesem Hintergrundwissen an, dass wir weitermachen wie bisher und uns nicht um CO2-Emissionen und anderes klimaerwärmendes Verhalten wie das lustige Abholzen von Regenwäldern scheren. Dann erwartet uns folgendes in den nächsten Jahrzehnten(!), also in sehr naher Zukunft:

Wir dämmen das Abschmelzen der Eisschilde nicht ein, das führt zum Anstieg der Meeresspiegel, zusätzlich erwärmen sich die Meere, das Wasser dehnt sich aus und die Lufttemperaturen steigen. Küstenregionen werden weitläufig überflutet und Menschen müssen zurückweichen.

Die steigenden Temperaturen lösen weitere Kipppunkte aus, die Erde erwärmt sich noch schneller. Es verringern sich in einigen Regionen exorbitant die Niederschläge, Dürren bedrohen die Menschen, sie leiden an Wassermangel und Ernteausfällen. Teilweise wird es in manchen Regionen generell zu heiß, um dort weiterhin zu leben. 

Die Dürren sorgen dafür, dass Pflanzen und Bäume absterben, dadurch wird weniger CO2 in Sauerstoff umgewandelt und das in den Bäumen und Pflanzen gespeicherte CO2 wird beim Absterben freigesetzt, was nochmals die Erderwärmung verstärkt. Zusätzlich fehlt die kühlende Wirkung der pflanzlichen Transpiration, weil die überlebenden Pflanzen und Bäume bei Hitzestress die Verdunstung reduzieren. Das weiterhin stattfindende Abholzen der Regenwälder verschärft das Problem.

Einige Regionen der Welt werden durch die rasante Veränderung des Klimas zunehmend von Sturm- und Flutereignissen heimgesucht, ganze Landstriche werden regelmäßig verwüstet und dauerhaft unbewohnbar …

Wir können uns doch an die Klimaerwärmung anpassen! – Wirklich?!

Düstere und bittere Folgen, die sich kaum bewältigen lassen, zeichnen sich durch mangelhafte Maßnahmen gegen die fortschreitende Klimaerwärmung ab – und wir steuern geradewegs darauf zu. Darum bleibt mir echt die Spucke weg, wenn Leute das Argument Anpassung anführen. Sie sagen, der Mensch habe sich immer angepasst und wird es auch in der Klimakrise schaffen.

Natürlich wird die Menschheit überleben, doch zu welchem Preis können wir uns an eine ungebremste Klimaerwärmung und ihre Folgen „anpassen“? 

Wir werden Massenmigrationen von Klimaflüchtenden, Durst und Hunger, Konflikte um Nahrung, Land und Ressourcen erleben. Wir riskieren, dass Millionen, wenn nicht gar Milliarden, ihr Leben oder ihre Heimat verlieren. Betroffen werden vor allem die Menschen sein, die am wenigsten CO2 ausstoßen.

Das ist nicht nur unfair, sondern moralisch verwerflich, da noch die Chancen vorhanden sind, die Klimakrise abzumildern und die Folgen zu bewältigen, ohne Menschenleben bewusst zu riskieren. 

Jetzt durchstarten für Klimaschutz!

Wir haben jetzt die einmalige Möglichkeit, in ein neues, grüneres und gesünderes Zeitalter durchzustarten und uns für Klimaschutz einzusetzen. Natürlich muss dafür jede:r einzelne sein Verhalten ändern und sich von alten Glaubenssätzen und Technologien verabschieden, wenn wir die Energiewende weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien in Angriff nehmen, unsere Ernährung überdenken, Produkte nachhaltig produzieren, konsumieren und recyceln und mit dem Planeten und damit mit der Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder einfach verantwortungsvoll umgehen wollen. Ich bin überzeugt, dass wir dadurch weltweit an Lebensqualität gewinnen werden.

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Titelbild: © Frame Stock Footage / shutterstock.com