Lichtverschmutzung ist ein Thema, das unterschätzt wird. Dabei hat sie weitreichende und tiefgreifende Auswirkungen auf die Umwelt, die weit über das bloße „Verschwinden“ der Sterne am Nachthimmel hinausgehen. In diesem Blogbeitrag erfährst du, was Lichtverschmutzung eigentlich ist, wie sie das Verhalten von Tieren und Pflanzen beeinflusst, welche gesundheitlichen Risiken sie für uns Menschen birgt und was du konkret tun kannst, um diese unsichtbare Gefahr einzudämmen.
Was ist Lichtverschmutzung?
Lichtverschmutzung beschreibt die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliches Licht, das von Straßenlaternen, Autos, Werbetafeln, Gebäuden und auch privaten Haushalten emittiert wird. Diese Form der Verschmutzung wird in verschiedene Kategorien unterteilt:
- Himmelsaufhellung: Sie ist die sichtbarste Form und führt dazu, dass der Nachthimmel aufgehellt wird und Sterne weniger oder gar nicht mehr sichtbar sind. Diese Aufhellung wird besonders in dicht besiedelten Gebieten problematisch, da sie das gesamte natürliche Nachtlicht überdeckt.
- Blendung: Hierbei handelt es sich um intensives Licht, das direkt in die Augen strahlt und die Sicht beeinträchtigt, oft durch schlecht konzipierte Straßenbeleuchtungen oder grelle Werbeschilder.
- Lichtüberfluss: Dies beschreibt die übermäßige Beleuchtung, bei der mehr Licht genutzt wird, als tatsächlich nötig wäre. Oft sind dies Sicherheitslichter, die die ganze Nacht brennen, oder dekorative Beleuchtung, die den Himmel erhellt.
Weltweit steigt die Lichtverschmutzung jährlich um etwa 2 % an, besonders in städtischen Gebieten. Diese Zunahme wirkt sich nicht nur auf den Nachthimmel, sondern auch auf die natürlichen Prozesse in der Umwelt aus.
Auswirkungen auf die Tierwelt durch Lichtverschmutzung
Die Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf die Tierwelt sind vielschichtig und oft komplex. Künstliches Licht bringt die natürlichen Rhythmen durcheinander, auf die viele Tiere angewiesen sind. Dies führt zu einer Vielzahl von Problemen:
- Verändertes Verhalten von nachtaktiven Tieren: Viele Tiere orientieren sich am natürlichen Licht, um ihre Aktivitäten zu steuern. Beispielsweise verlassen Fledermäuse ihre Verstecke bei Sonnenuntergang, um auf Nahrungssuche zu gehen. Künstliches Licht kann diesen natürlichen Rhythmus stören, was dazu führt, dass sie entweder früher oder später als üblich aktiv werden, was ihre Überlebenschancen beeinträchtigen kann. Auch Zugvögel, die sich normalerweise an den Sternen orientieren, werden durch städtisches Licht verwirrt und von ihrer Route abgebracht, was sie in gefährliche urbane Umgebungen führt, wo sie auf Hindernisse wie Gebäude stoßen können.
- Verändertes Verhalten von Zugvögeln: An den deutschen Küsten, besonders im Wattenmeer, beeinflusst künstliches Licht das Verhalten von Zugvögeln erheblich. Vögel, die normalerweise den Sternenhimmel zur Orientierung nutzen, werden durch die Beleuchtung von Küstenstädten, Hafenanlagen und Offshore-Plattformen verwirrt. Dies führt dazu, dass sie von ihren üblichen Migrationsrouten abweichen, in „Lichtfallen“ geraten und stundenlang im Kreis fliegen, bis sie erschöpft sterben oder mit Hindernissen kollidieren. Diese Desorientierung gefährdet nicht nur das Überleben der Vögel, sondern auch die langfristige Stabilität ihrer Populationen.
- Störungen in der Nahrungskette: Lichtverschmutzung kann auch indirekte Auswirkungen haben, indem sie das Verhalten von Insekten verändert, die wiederum eine wichtige Nahrungsquelle für viele andere Tiere sind. Studien zeigen, dass künstliches Licht die Aktivität von Insekten reduzieren kann, was zu einem Rückgang von Vögeln und Fledermäusen führt, die sich von diesen Insekten ernähren. Dieses Ungleichgewicht kann ganze Ökosysteme destabilisieren.
Auswirkungen von Gartenbeleuchtung auf die Natur
Die in deutschen Gärten weit verbreitete dekorative Beleuchtung, ob in Form von Lampions, LED-Lichterketten oder solarbetriebenen Gartenleuchten, trägt maßgeblich zur Lichtverschmutzung bei und hat erhebliche Auswirkungen auf die lokale Tierwelt.
Während solche Beleuchtungen Gärten in den Abendstunden in ein gemütliches Licht tauchen, stören sie gleichzeitig den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus vieler Insekten und Kleintiere.
Insekten, die von Natur aus lichtempfindlich sind, werden von künstlichen Lichtquellen angezogen. Dies führt dazu, dass sie sich in der Nähe der Lichtquellen sammeln, statt ihren natürlichen Aktivitäten wie Bestäubung oder Nahrungssuche nachzugehen. Besonders betroffen sind nachtaktive Insekten wie Motten, die durch das Licht in ihrer Orientierung gestört werden.
Diese Störungen beeinträchtigen nicht nur die Populationen der betroffenen Insekten, sondern auch das gesamte Ökosystem, da Insekten eine Schlüsselrolle in der Nahrungskette spielen. Auch Vögel, die in Gärten oder umliegenden Bäumen nisten, können in ihrem Schlafrhythmus gestört werden.
Einfluss von Lichtverschmutzung auf Pflanzen
Pflanzen reagieren empfindlich auf Veränderungen im Tag-Nacht-Rhythmus. Künstliches Licht stört diese Zyklen und führt zu unvorhersehbaren Folgen:
- Verlängerte Vegetationsperioden: Untersuchungen haben gezeigt, dass künstliches Licht in städtischen Gebieten die Wachstumsperiode von Bäumen und Sträuchern verlängert. Dies kann dazu führen, dass Pflanzen früher im Jahr austreiben und später im Herbst ihre Blätter verlieren. Diese Veränderung erhöht das Risiko von Frostschäden im Frühjahr und kann langfristig das Überleben der Pflanzen gefährden.
- Beeinträchtigung der Bestäubung: Viele Pflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen, die sich nach dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus richten. Künstliches Licht kann dazu führen, dass die Bestäuber in ihren Aktivitäten gestört werden, was zu einer unzureichenden Bestäubung und somit zu geringeren Erträgen führt. Dies betrifft nicht nur die Biodiversität, sondern hat auch wirtschaftliche Konsequenzen, insbesondere für die Landwirtschaft.
Gesundheitliche Auswirkungen auf den Menschen
Neben den ökologischen Folgen hat Lichtverschmutzung auch direkte und indirekte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Eine dauerhafte Exposition gegenüber künstlichem Licht in der Nacht kann zu einer Reihe von gesundheitlichen Problemen führen:
- Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus: Künstliches Licht kann die Produktion von Melatonin, einem Hormon, das den Schlaf reguliert, unterdrücken. Dies kann zu Schlafstörungen, erhöhter Müdigkeit am Tag und langfristig zu ernsthaften Gesundheitsproblemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
- Erhöhtes Allergierisiko: Die verlängerte Vegetationsperiode durch künstliches Licht führt auch zu einer längeren Pollensaison. Dies kann insbesondere für Allergiker problematisch sein, da die Belastung durch Pollen über einen längeren Zeitraum hinweg besteht und somit das Risiko von Asthma und anderen Atemwegserkrankungen erhöht wird.
- Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit: Studien legen nahe, dass ständige Exposition gegenüber künstlichem Licht auch das Risiko für depressive Verstimmungen und andere psychische Erkrankungen erhöhen kann, da sie den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus und somit den Schlaf stören.
Was können wir dagegen tun?
Die Reduzierung von Lichtverschmutzung ist nicht nur ein Anliegen für Umweltaktivisten, sondern kann von jedem von uns aktiv unterstützt werden. Hier sind einige praktische Tipps, wie du dazu beitragen kannst:
- Richtige Beleuchtung wählen: Verwende warmweiße LEDs und achte darauf, dass sie gut abgeschirmt sind, sodass das Licht nur nach unten und nicht in den Himmel strahlt. Dies reduziert die Himmelsaufhellung und schützt gleichzeitig die Tierwelt.
- Licht intelligent nutzen: Schalte Außenbeleuchtung nur ein, wenn sie wirklich benötigt wird, oder nutze Bewegungsmelder, um sicherzustellen, dass das Licht nur bei Bedarf aktiviert wird. Auch Zeitschaltuhren können helfen, unnötige Beleuchtung in den frühen Morgenstunden zu vermeiden. Auch der Verzicht auf leuchtende Gartendekoration hilft der Natur.
- Bewusstsein schaffen: Sprich mit Freunden und Familie über die Auswirkungen von Lichtverschmutzung und ermutige sie, ebenfalls bewusster mit Licht umzugehen. Je mehr Menschen sich dieses Problems bewusst werden, desto größer ist der Einfluss, den wir gemeinsam haben können.
Auch für die Natur nützlich: Sternenparks in Deutschland
„Dark Sky“-Gebiete sind spezielle Regionen, in denen Maßnahmen ergriffen werden, um die Lichtverschmutzung zu minimieren und den natürlichen Nachthimmel zu schützen. Auch in Deutschland gibt es solche Gebiete, die nicht nur den Nachthimmel bewahren, sondern auch eine wichtige Rolle im Naturschutz spielen.
Ein herausragendes Beispiel ist der Sternenpark Westhavelland in Brandenburg, der 2014 als erstes International Dark Sky Reserve in Deutschland anerkannt wurde. Dieses Gebiet im Naturpark Westhavelland gehört zu den dunkelsten Regionen des Landes und ist daher ideal für Sternenbeobachtungen geeignet. Durch die Reduzierung künstlicher Beleuchtung werden nicht nur die Bedingungen für Astronomen verbessert, sondern auch der Lebensraum für nachtaktive Tiere geschützt.
Ein weiteres bekanntes „Dark Sky“-Gebiet ist der Sternenpark Rhön, der sich über die Bundesländer Bayern, Hessen und Thüringen erstreckt. Auch hier wird aktiv daran gearbeitet, die Lichtverschmutzung zu verringern und den natürlichen Nachthimmel zu erhalten. Diese Gebiete fördern das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen von Lichtverschmutzung und zeigen, wie durch gezielte Maßnahmen sowohl der Sternenhimmel als auch die Umwelt geschützt werden können.
Fazit zur Lichtverschmutzung
Lichtverschmutzung ist ein komplexes und wachsendes Problem, das weitreichende Folgen für die Umwelt und unsere Gesundheit hat. Wir sollten über die Auswirkungen reden und Maßnahmen ergreifen, um die Natur zu schützen. Doch es ist nicht nur die große, übergreifende Politik gefragt – auch du kannst direkt etwas tun.
Gerade im eigenen Garten lässt sich einiges umsetzen, um Lichtverschmutzung zu vermeiden. Denke darüber nach, ob jede Lampe, die du installierst, wirklich notwendig ist. Oft reicht es, wenn Außenbeleuchtung mit Bewegungsmeldern ausgestattet ist, sodass sie nur bei Bedarf eingeschaltet wird. Auch die Wahl der richtigen Leuchtmittel kann einen Unterschied machen: Warmweiße LEDs, die nach unten gerichtetes Licht abgeben, stören die Tierwelt weniger und helfen, den Sternenhimmel sichtbarer zu machen.
Es geht nicht darum, auf Licht komplett zu verzichten, sondern es bewusster und effizienter zu nutzen. Vielleicht kannst du auch bei der nächsten Gartenplanung mehr Wert auf natürliche Lichtquellen legen, wie zum Beispiel Fackeln oder Lichter, die nur für bestimmte Anlässe eingeschaltet werden. Jeder kleine Schritt hilft, das Problem der Lichtverschmutzung einzudämmen – und trägt dazu bei, dass wir alle, Menschen wie Tiere, wieder ein Stück Natur in der Nacht genießen können.
Weiterführende Links und Quellen
- https://phys.org/news/2023-10-artificial-disrupt-ecosystems.html
- https://www.weforum.org/agenda/2022/07/light-pollution-environmental-climate-change-us-cities
- https://flyway.waddensea-worldheritage.org/resources/light-pollution-wadden-sea
- https://www.rijkewaddenzee.nl/en/newsitem/artificial-light-at-night-wadden-sea/index.htm
- https://www.nature.com/articles/s43017-024-00555-9.pdf
- https://www.waddensea-worldheritage.org/news/dim-lights-world-migratory-bird-day-2022